Als der liebenswert-schrullige und zu allen unerschütterlich freundliche Elwood P. Dowd auf einer Party seinen Freund Harvey, einen Puka (einen ungefähr zwei Meter großen, unsichtbaren, weißen Hasen) vorstellt, beschließt seine Schwester Veta, ihn in ein Sanatorium einweisen zu lassen. Doch als sie aussagt, Harvey ab und zu selber zu sehen, wird nicht Elwood, sondern sie selbst eingewiesen. Dr. Chumley korrigiert seinen Fehler jedoch und macht sich auf die Suche nach Elwood. Als er ihn aufspürt, kommt es zu einer Reihe von Verwicklungen, während deren Elwood auch erzählt, wie er Harvey kennengelernt hat. Dr. Chumley erkennt schließlich, dass Harvey wirklich existiert. Währenddessen soll Elwood ein Serum verabreicht werden, das ihn wieder „normal“ machen soll, und er willigt zur Freude seiner Schwester ein. Veta wird jedoch durch das Eingreifen Harveys vor den Wirkungen des Serums gewarnt und kann dadurch im letzten Moment dessen Verabreichung an Elwood verhindern. Dadurch erkennt auch sie, dass Harvey wirklich existiert. Im Laufe der Handlung werden auch zwei Paare zusammengeführt.
Warum ich Harvey mein Herz schenkte Als ich Mein Freund Harvey zum ersten Mal sah, war ich regelrecht aus dem Häuschen. Ich liebte die Figur Elwood – gespielt von dem unglaublichen James Stewart – wegen seiner Sanftmütigkeit und seiner naiven Weltsicht. Er ist ein ewiger Optimist, der sich irgendwann dazu entschlossen hat, dem Leben nur noch mit Liebeswürdigkeit zu begegnen. Der Film gerät nie in Versuchung, die Handlung auf den Boden der Realität zu holen. Vielleicht ist es auch Elwoods entwaffnenden Charakterzügen zu verdanken, die Mein Freund Harvey gar nicht die Chance geben, in Erklärungsnot zu geraten? Die Suche nach Erklärungen prägen zwar den Film, doch als Zuschauer verschloss ich mich komplett der Möglichkeit, es könnte sich bloß um Zufälle handeln. Stattdessen wollte ich an Harveys Existenz glauben, der mit seinen Pfoten die Schicksale aller Beteiligten in die richtigen Bahnen lenkte.
Wundervoll sind die Szenen, in denen die Geschichte auf ihre eigene selbstverständliche Naivität baut, sich aber gleichzeitig über die dahinter liegende Metapher bewusst ist. Beispielsweise die Szene mit Veta – der Schwester von Elwood – in der diese erläutert, dass Fotografien nur die Oberfläche zeigen, Gemälde dagegen die eigentlich bedeutsamen Aspekte wie Sehnsüchte, Träume und Wünsche offenbaren … gesprochen von der Frau, die mehr als alle anderen das mannshohe, unsichtbare Tier als Wahnvorstellung entlarven möchte, sich aber nicht bewusst ist, dass sie vor einem gemalten Portrait von Elwood und Harvey steht.
Warum auch andere Harvey lieben werden Mein Freund Harvey ist ein später Ausläufer der klassischen Hollywood-Screwballkomödien, somit dürften alle Freunde von Billy Wilder, Verwechslungskomödien oder Arsen und Spitzenhäubchen schnell Gefallen an dem Riesenkaninchen finden. Aber auch wer ein Herz für besonders naive, sozial benachteiligte, aber äußerst liebenswerte Außenseiter wie Willkommen Mr. Chance oder Forrest Gump hat, findet in Harvey einen Freund fürs Leben.
Warum Harvey einzigartig ist Mein Freund Harvey basiert auf einem Theaterstück, darum überrascht es niemanden, dass der Film vollkommen von seinen Schauspielern getragen wird – besonders dem Hauptdarsteller. Nach Mein Freund Harvey folgten andere Verfilmungen mit anderen Hasen, die alle ihre Qualitäten besitzen. Doch mein Harvey ist einzigartig. Eigentlich ist es der Harvey von James Stewart, denn er ist es, der Harvey erst eine Stimme und Charakter verleiht. Vielleicht ist Harvey bloß ein Produkt von Elwoods Fantasie. Wenn, dann hatte James Stewart zwei Charaktere auf einmal zum Leben erweckt. Doch vielleicht ist Harvey auch Wirklichkeit und der Hollywoodstar reagierte bloß auf die Stichworte seines unsichtbaren Gegenüber. Wie auch immer, James Stewart ist der Dreh- und Angelpunkt, die Stimme, das Gesicht und die Seele von Mein Freund Harvey. Auch wenn Steven Spielberg seine Remake-Absichten in die Tat umsetzen sollte, wird sein Hauptdarsteller – ob nun Tom Hanks oder Robert Downey Jr. – bloß eine Interpretation des Originals abliefern können, egal wie bestechend die Leistung auch ausfallen mag
Warum Harvey die Jahrzehnte überdauert Elwood soll für sich sprechen: Man kann auf zwei Arten gut durch das Leben gehen: Entweder man ist besonders schlau oder besonders freundlich. Früher war ich schlau, doch nun bevorzuge ich es, freundlich zu sein.” Mein Freund Harvey ist ein zeitloser Appell für Toleranz und für das Recht auf Individualität. Aber vielleicht auch nur eine Erinnerung, an die vielen kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen und die wir leider viel zu oft vergessen.
Filmdaten: Deutscher Titel:Mein Freund Harvey Originaltitel:Harvey USA, 1950 Originalsprache:Englisch Länge 104 Minuten
Stab: Regie:Henry Koster Drehbuch:Mary Chase, Oscar Brodney, Myles Connolly Produktion:John Beck Musik:Frank Skinner Kamera:William H. Daniels Schnitt:Ralph Dawson
Besetzung: James Stewart: Elwood P. Dowd Josephine Hull: Veta Louise Simmons Peggy Dow: Miss Kelly Charles Drake: Dr. Sanderson Cecil Kellaway: Dr. Chumley Victoria Horne: Myrtle Mae Simmons Jesse White: Wilson
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19.03.2012 20:07 (zuletzt bearbeitet: 19.03.2012 20:08)
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